KI-Challenge

Mit KI-Agenten zu Expertenwissen auf Knopfdruck

04.06.2024
250-300 Teilnehmende
1 Min (18 Min.)

Ich begann meinen Pitch, indem ich ein Notizbuch hochhielt und sagte: „Stellen Sie sich vor, all mein Wissen und meine Erfahrungen wären hier festgehalten. Doch so etwas gibt es leider nicht wirklich.“ In Unternehmen geht so viel implizites Wissen verloren, wenn Mitarbeitende die Firma verlassen. Genau dieses Problem wollte ich adressieren.

Mein Pitch war Teil des 11. «Industrieforum 2025», das unter dem Motto „Technologie, Mensch, Kultur – im Einklang“ stand. Das Forum bot eine Plattform für inspirierenden Austausch zwischen Branchenführern und über 25 Ausstellern, die die neuesten Technologien und Innovationen präsentierten. Ziel des Events war es, digitale Transformation in Harmonie mit menschlichen Werten zu diskutieren und neue Wege für die Zusammenarbeit zu erkunden.

Nach meinem einminütigen Pitch durfte das Publikum abstimmen, welche Vorträge am Nachmittag gehalten werden sollten. Leider erhielt ich knapp nicht genug Stimmen, weshalb meine Präsentation nicht live gehalten wurde und nur als Video verfügbar ist. Dennoch hat mir der Pitch grossen Spass gemacht und zeigte eindrucksvoll, wie Künstliche Intelligenz helfen kann, implizites Wissen zu bewahren und aktiv nutzbar zu machen. Diese Idee ist zentral für die Zukunft des Wissensmanagements.

Loading YT...

Unternehmenswissen mit Künstlicher Intelligenz sicherstellen – Ein Praxisbeispiel

In vielen Unternehmen steckt das wertvollste Wissen nicht in Handbüchern oder Datenbanken, sondern in den Köpfen langjähriger Mitarbeitender. Diese „implizite Expertise“ geht jedoch schnell verloren, sobald wichtige Schlüsselpersonen das Unternehmen verlassen oder sich in andere Abteilungen weiterentwickeln. Die Folge: Andere Mitarbeitende stehen plötzlich ohne die erforderlichen Kenntnisse da, müssen dieselben Probleme neu durchdenken und in zeitaufwendigen Prozessen eine Lösung erarbeiten. Auf lange Sicht bedeutet das nicht nur einen Verlust an Innovationskraft und Effizienz, sondern kann auch erhebliche Kosten verursachen.

Auf dem 11. Industrieforum 2025 am 04.06.2024 habe ich gemeinsam mit der bbv Software Services AG eine Präsentation gehalten, die genau dieses Problem in den Fokus rückt. Unter dem Titel „Unternehmenswissen mit Künstlicher Intelligenz sicherstellen“ haben wir aufgezeigt, wie die Anwendung moderner KI-Systeme – insbesondere sogenannter Large Language Models (LLMs) – dazu beitragen kann, implizites Wissen zu erfassen, zu strukturieren und für alle Mitarbeitenden zugänglich zu machen. Der zentrale Ansatz basiert dabei auf der Idee von „KI-Agenten“, also virtuellen Assistenten, die im Prinzip wie Kolleginnen oder Kollegen interagieren: Sie beantworten Fragen, führen Recherchen durch, befragen gegebenenfalls Expertinnen und Experten und fassen neu gewonnene Informationen an zentraler Stelle zusammen.

Das zugrunde liegende Problem: Implizites Wissen geht verloren

Implizites Wissen ist schwer zu greifen, da es eben nicht schriftlich fixiert ist, sondern „zwischen den Zeilen“ existiert. Ein Mitarbeitender, der über Jahre hinweg ein bestimmtes Produkt oder einen speziellen Prozess betreut hat, weiss oft genau, wo die Fallstricke liegen und welche Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Qualität sicherzustellen. Dieses Wissen wird nur selten dokumentiert – man weiss es eben aus der alltäglichen Praxis. Wenn jedoch diese Schlüsselperson das Unternehmen verlässt, ist dieses Know-how nur schwer rekonstruierbar. Zudem sind verbleibende Kolleginnen und Kollegen häufig nicht im Detail mit den Abläufen vertraut und müssen sich in aufwendigen Prozessen das Wissen neu aneignen. Das Ergebnis: steigende Kosten, längere Produktions- und Entwicklungszeiten und häufig wiederkehrende Fehler.

Der KI-Ansatz: Wissensmanagement mithilfe von KI-Agenten

Ein wichtiger Bestandteil der Präsentation war die Demonstration eines Use Cases aus der Lebensmittelproduktion. Das Beispiel drehte sich um die Frage, wie sich die Frische von Produkten während des gesamten Lieferprozesses aufrechterhalten lässt. Ein KI-Agent kann hier als eine Art „virtueller Mitarbeiter“ fungieren. Er erhält die Anfrage: „Wie stellen wir sicher, dass unsere Produkte frisch bleiben, von der Produktion bis zur Auslieferung an den Kunden?“ Stellt sich heraus, dass die Antwort nicht in seinen vorhandenen Daten liegt, leitet er die Frage an eine ausgewiesene Expertin oder einen Experten weiter. Sobald deren Antwort vorliegt, speichert der KI-Agent diese Information in der Wissensdatenbank und legt zusätzlich einen Glossareintrag an – in diesem Beispiel für den Fachbegriff „Frost Flow“. Dieses Vorgehen ermöglicht es, das einmal erarbeitete Wissen nicht nur an die unmittelbar Beteiligten zu vermitteln, sondern dauerhaft und für alle Mitarbeitenden verfügbar zu machen.

LLMs und Prompting: Wie künstliche Intelligenz Sprachverständnis erlangt

Die technische Grundlage für KI-Agenten bilden sogenannte Large Language Models, die mit riesigen Datenmengen trainiert wurden. Im Kern lernen diese Modelle, das nächste Wort in einem Satz vorherzusagen. Dadurch entwickeln sie ein erstaunliches Verständnis für Grammatik, Satzbau und sogar für komplexe Zusammenhänge. In der Praxis sind sie jedoch nur so gut wie die Anweisungen, die man ihnen gibt – das sogenannte „Prompting“. Hierbei muss beispielsweise definiert werden, aus welcher Perspektive das Modell antworten soll, welche Informationen ihm zur Verfügung stehen und welche Art von Antwort gewünscht ist (etwa besonders detailliert oder kurz und prägnant).

Ergänzend zu dieser Grundstruktur kann man mithilfe von „Retrieval Augmented Generation (RAG)“ firmeneigene Datenbanken einbinden. Das bedeutet, dass der Agent nicht nur aus seinem internen Training schöpft, sondern aktiv auf aktuelles und spezifisches Wissen aus dem Unternehmen zugreift. Dieses Zusammenspiel macht es möglich, dass die Antworten nicht nur sprachlich korrekt sind, sondern auch den konkreten Kontext des Unternehmens einbeziehen und relevante Details liefern.

Multi-Modale Interaktion und passgenaue Antworten

Darüber hinaus sind moderne KI-Systeme in der Lage, nicht nur mit Textdaten umzugehen, sondern auch Sprache, Bilder oder andere Dateien zu verarbeiten. Beispielsweise könnte der Agent ein hochgeladenes Foto auswerten oder eine Sprachnachricht analysieren, um daraus kontextbezogene Antworten abzuleiten. Interessant ist ferner die Möglichkeit, dieselbe Information an verschiedene Rollen oder Abteilungen angepasst zu präsentieren. Während ein Betriebsleiter vielleicht eine genaue technische Beschreibung benötigt, reicht einem Umweltbeauftragten womöglich eine kurze Zusammenfassung mit Fokus auf Umweltaspekte.

Kosten, Aufwand und Chancen

Natürlich geht mit der Einführung solcher KI-Systeme ein nicht unerheblicher Aufwand einher. Unternehmen müssen zunächst entscheiden, ob sie ein eigenes Modell trainieren oder ein bereits vorhandenes Modell verwenden und für ihre Bedürfnisse feintunen wollen. Beides erfordert Investitionen, sei es in Form von Hardware, KI-Expertise oder hochwertigen Daten, die das Modell optimieren sollen. Dennoch zeigen erste Erfahrungen, dass sich diese Bemühungen langfristig auszahlen, insbesondere wenn dadurch Wissen dauerhaft gesichert und Mehrfacharbeiten reduziert werden.

Gerade in Zeiten, in denen sich Belegschaften schnell verändern, ist die Sicherung von Unternehmenswissen entscheidend, um Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfreude zu erhalten. KI-Agenten, die Wissen sammeln, strukturieren und bedarfsgerecht ausgeben, können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.

Fazit

Mit meinem Vortrag beim 11. Industrieforum 2025 konnte ich zusammen mit der bbv Software Services AG zeigen, dass KI-Agenten nicht nur ein theoretisches Konzept sind, sondern in der Praxis handfeste Ergebnisse liefern. Vom Erfassen impliziten Wissens über die Erstellung von Glossareinträgen bis hin zur Auslieferung kontextsensitiver Antworten: Moderne KI-Systeme bieten Unternehmen ein mächtiges Werkzeug, um Know-how zu bewahren und neuen Mitarbeitenden schnell zugänglich zu machen. So kann verhindert werden, dass wertvolles Erfahrungswissen über Bord geht, sobald ein Mitarbeitender das Haus verlässt.

Künstliche Intelligenz bietet somit nicht nur Potenzial für Prozessautomatisierung und Datenanalyse, sondern eröffnet auch einen völlig neuen Blick auf das Thema Wissensmanagement – ein Blick, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt und sicherstellt, dass sein Wissen und seine Erfahrungen nicht verloren gehen, sondern im Gegenteil zu einer zentralen Ressource werden, von der das gesamte Unternehmen profitiert.